Erinnerungen an den Ritterkreuzträger Rudolf Sigmund
Die Kriegszeit des 2. Weltkriegs spiegelt sich in den Biographien, die in miterlebten, wieder. Eine dieser Biographien ist die von Rudolf Sigmund aus Reichenbuch. „Ja, da drüben ist der Fieseler Storch gelandet. Wir mussten bei der Beerdigung wegen der vielen Leute am Heugärtlein Spalier stehen“ Dies sagten mir Maria und Brigitte Westenhöfer auf dem neuen Friedhof in Reichenbuch, als ich begann, mich mit der Person Rudolf Sigmund und den Verhältnissen von 1943 zu befassen.
Rudolf Sigmund wurde am 5. März 1915 in Hardheim geboren. Sein Vater mit gleichem Namen fiel im Ersten Weltkrieg. Mit seiner Mutter Berta Luise Sigmund, geborene Brauch, und seiner Schwester Lina verbrachte er seine Kindheit in Reichenbuch. Als einziger Schüler aus Reichenbuch besuchte er das Gymnasium in Mosbach. Nach bestandener Reifeprüfung und der vormilitärischen Ausbildung wurde er der Luftwaffe zugeteilt.
Als Nachtjäger und Leutnant kam er im Frühjahr 1941 zur 1. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1 in Venlo. 1942 wurde er Staffelkapitän der 10. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1. Nach 26 Luftsiegen verlieh ihm General Kammhuber im August 1943 in Leeuwarden (Niederlande) das Ritterkreuz. Im selben Monat folgte die Ernennung von Hauptmann Rudolf Sigmund zum Kommandeur der 3. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 3. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1943 wurden er und seine Besatzungsmitglieder Feldwebel Bauer und Unteroffizier Dietrich tödlich abgeschossen. Rudolf Sigmund flog bei seinem letzten Einsatz eine Messerschmidt Bf110-G.
Am 9. Oktober 1943 war die Militärische Trauerfeier. Es war die größte Beerdigung, die je in Reichenbuch stattfand. Neben der Ortsbevölkerung kamen aus dem ganzen süddeutschen Raum Freunde und Bekannte, die dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen. Höchste militärische Dienstgrade waren bei der Trauerfeier anwesend.
Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein landete in der Nähe des alten Reichenbucher Friedhofs mit dem „Fieseler Storch“ einem propellergetriebenen Flugzeug der Wehrmacht mit extremen Kurzstart- und Landeeigenschaften, das erstmals 1936 flog. Unter den Ehrengästen der Trauerfeier waren neben dem Fliegergeneral (vermutlich Kammhuber) Sigmunds Freunde Major Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein und Major Egmont Prinz zu Lippe-Weissenfeld. Wittgenstein hielt den Nachruf am Grab. Bei der Ansprache erwähnte er die ausweglose Situation der deutschen Luftverteidigung. Der berühmte „Nachtjäger“ Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein wurde im Januar 1944 im Luftkampf tödlich verletzt.
Am 10. Oktober 1943 wurde Rudolf Sigmund vom evangelischen Pfarrer Fleig kirchlich beerdigt.
Heinrich Böll beschreibt die Kriegszeit folgendermaßen: „Ach, der Krieg hat unsere Jugend mit Beschleunigung gefressen. Wir haben keine Jugend gehabt, die hat wirklich mit Haut und Haaren dieser verheerende Krieg gefressen, dieser Wahnsinn“