Rauhnächte

Um die Rauhnächte ranken sich viele Mythen. Unseren Vorfahren sind diese Mythen und Gebräuche noch gut in Erinnerung.

Die Rauhnächte beginnen am 25. Dezember und dauern bis zum 6. Januar. Diese zwölf Nächte haben im Volksmund unterschiedliche Namen: Sie werden auch Raunächte, Zwölf-, Los-, Unter-, Weihe-, oder Zwischennächte genannt.

„Die Raunächte gehen zurück auf das Mondjahr, das mit 354 Tagen kürzer ist als das Sonnenjahr. Als man vom Mond- zum Sonnenjahr übergegangen ist, waren elf Tage und zwölf Nächte übrig – die heutigen Raunächte“

Die Rauhnächte hießen ursprünglich „Rauchnächte“, weil in dieser Zeit mit Kräutern geräuchert wurde, um dunkle Geister und Dämonen zu vertreiben und segenbringende willkommen zu heißen.

Vor allem um die Rauhnächte 24./25. Dezember, 31. Dezember/1. Januar und 5./6. Januar rankt sich allerlei Aberglaube. Mancherorts galten diese Nächte als derart gefährlich, dass besondere Regeln eingehalten werden mussten. Das Haus durfte keinesfalls unordentlich sein. Es war verboten, Wäsche zu waschen und aufzuhängen. Denn weiße Wäsche an der Leine könnte von wilden Reitern gestohlen und als Leichentücher verwendet werden, fürchtete man.

In anderen Versionen dieses Aberglaubens hieß es, wilde Geister könnten sich in der Wäsche verfangen und ziemlich böse reagieren. „Die Wilde Jagd reißt die Wäsche von der Leine und zerfetzt sie“, hieß es – zwischen den Jahren verzichtete man also darauf, die Wäsche herauszuhängen.

Darüber hinaus war es in manchen Orten untersagt, in den Rauhnächten Karten zu spielen.

Durch die Christianisierung und den Einfluss der römischen Traditionen wurde der Brauch des Räucherns zu einer christlichen Handlung. Deshalb ist auch heute bei der Einweihung von Gebäuden und Plätzen durch einen katholischen Priester das Weihrauchfass immer dabei.

Urbarweistum von 1369

Urbarweistümer der kurpfälzischen Eigendörfer in der Reichartshauser Zent 1369.

  • Richartbuch gehört gein Minneberg zwei teil, triteil ist dez von Daspach.
  • Primo ir rehte bede ist, die sie alle jar gein Minneberg gebent, uf sante Johannes baptiste tag 16 ß heller und 4 heller.
  • Item ir ernbede ist alle jar, daz sie gein Minneberg gebent 8 malter habern.
  • Item ez lit ein gut daselbs, daz git alle jar ein malter korns und ein malter habern und gehört von alter her zum var gein Gerach, doch nimpt es ein amtmann zu Minnenberg, biz daz daz var bestellt wirt.
  • Item min herre hat auch jar daselbs 10 vasnachthunre und 10 ernhunre, als die kuntschaft wol weiz.
  • Item ein grozze buzze daselbs ist 9 unze heller und die kleine buzze ist 5 ß heller, die sint auch mins herren, wanne sie gefallent.
  • Nota diese gulte und zinse gehornt mime herren alleine zu, und sint zwei teil, und das driteil ist dannoch daselbs dez von Daspach mit allen rehten, ane die frevel, die do gefieln uf sime hofe und huse, die weren sin an minen herren, und was frevel sust gefielen uf der strazen, in dem wiler und uf dem felde, die sint zwei teil mins herren und das dritteil des von Daspach.

Quelle: Urbar der Vogtei Heidelberg GLA. Berein 3480 Seite 159 – 170

Als Urbare bezeichnet man Verzeichnisse der weltlichen und geistlichen Grundherrschaft. In den Urbaren werden alle Besitzungen, Rechte sowie zu erwaretende Einkünfte und Dienste eingetragen. Wenn man so will kann man Urbare als Grundbuch und Steuer-/Abgaben-Verzeichnis sehen.

Im Urbarweistum der kurpfälzischen Eigendörfer von 1369 werden die Steuern und Abgaben für Reichenbuch erstmals greifbar. Auch kann hier eine Aussage über die Größe von Reichenbuch abgelesen werden. Die Anzahl der abzugebenden Hühner bezog sich auf die Anzahl der Haushaltungen, somit kann von 10 Haushaltungen in Reichenbuch ausgegangen werden.

Vor 75 Jahren landete der „Fieseler Storch“ in Reichenbuch

Erinnerungen an den Ritterkreuzträger Rudolf Sigmund

Die Kriegszeit des 2. Weltkriegs spiegelt sich in den Biographien, die in miterlebten, wieder. Eine dieser Biographien ist die von Rudolf Sigmund aus Reichenbuch. „Ja, da drüben ist der Fieseler Storch gelandet. Wir mussten bei der Beerdigung wegen der vielen Leute am Heugärtlein Spalier stehen“ Dies sagten mir Maria und Brigitte Westenhöfer auf dem neuen Friedhof in Reichenbuch, als ich begann, mich mit der Person Rudolf Sigmund und den Verhältnissen von 1943 zu befassen.

Rudolf Sigmund wurde am 5. März 1915 in Hardheim geboren. Sein Vater mit gleichem Namen fiel im Ersten Weltkrieg. Mit seiner Mutter Berta Luise Sigmund, geborene Brauch, und seiner Schwester Lina verbrachte er seine Kindheit in Reichenbuch. Als einziger Schüler aus Reichenbuch besuchte er das Gymnasium in Mosbach. Nach bestandener Reifeprüfung und der vormilitärischen Ausbildung wurde er der Luftwaffe zugeteilt.

Als Nachtjäger und Leutnant kam er im Frühjahr 1941 zur 1. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1 in Venlo. 1942 wurde er Staffelkapitän der 10. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1. Nach 26 Luftsiegen verlieh ihm General Kammhuber im August 1943 in Leeuwarden (Niederlande) das Ritterkreuz. Im selben Monat folgte die Ernennung von Hauptmann Rudolf Sigmund zum Kommandeur der 3. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 3. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1943 wurden er und seine Besatzungsmitglieder Feldwebel Bauer und Unteroffizier Dietrich tödlich abgeschossen. Rudolf Sigmund flog bei seinem letzten Einsatz eine Messerschmidt Bf110-G.

Am 9. Oktober 1943 war die Militärische Trauerfeier. Es war die größte Beerdigung, die je in Reichenbuch stattfand. Neben der Ortsbevölkerung kamen aus dem ganzen süddeutschen Raum Freunde und Bekannte, die dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen. Höchste militärische Dienstgrade waren bei der Trauerfeier anwesend.

Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein landete in der Nähe des alten Reichenbucher Friedhofs mit dem „Fieseler Storch“ einem propellergetriebenen Flugzeug der Wehrmacht mit extremen Kurzstart- und Landeeigenschaften, das erstmals 1936 flog. Unter den Ehrengästen der Trauerfeier waren neben dem Fliegergeneral (vermutlich Kammhuber) Sigmunds Freunde Major Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein und Major Egmont Prinz zu Lippe-Weissenfeld. Wittgenstein hielt den Nachruf am Grab. Bei der Ansprache erwähnte er die ausweglose Situation der deutschen Luftverteidigung. Der berühmte „Nachtjäger“ Heinrich Prinz zu Sayn-Wittgenstein wurde im Januar 1944 im Luftkampf tödlich verletzt.

Am 10. Oktober 1943 wurde Rudolf Sigmund vom evangelischen Pfarrer Fleig kirchlich beerdigt.

Heinrich Böll beschreibt die Kriegszeit folgendermaßen: „Ach, der Krieg hat unsere Jugend mit Beschleunigung gefressen. Wir haben keine Jugend gehabt, die hat wirklich mit Haut und Haaren dieser verheerende Krieg gefressen, dieser Wahnsinn“

Gemeindebeschreibung Reichenbuch

Beitrag des Hauptlehrers Franz August Würth in Reichenbuch.

Reichenbuch, Dorf in einem Seitentälchen des Neckars, 1/2 Stunde von letzterem entfernt, hat 284 Einwohner, 161 katholische und 123 evangelische. Der Ort zählt 54 Haushaltungen und etwa 36 Wohngebäude. Die Hauptbeschäftigung der Einwohner ist Ackerbau und Viehzucht, von Handwerkern sind nur die notwendigsten vertreten. Die Gemarkung umfasst 743 Morgen und verteilt sich auf 378 Morgen Garten- und Ackerland, 29 Morgen Wiesen und 336 Morgen Wald. Der Ort hiess früher Reichenbach und gehörte laut Nachricht von Jahre 1386 zu zwei Teilen der Herrschaft Minnaburg und zu einem Teil derjenigen von Daisbach an. Erstere gingen mit der Minnaburg an verschiedene Besitzer über (siehe bei Guttenbach), bis sie zuletzt an die Kurpfalz kamen. Im Jahre 1406 wurde auch der andere Teil vom Pfalzgrafen Ruprecht III. erworben, so dass das ganze Dorf nunmehr nur einen Besitzer hatte. Von da blieb Reichenbuch stets mit der Minnaburg verbunden, bis es nach dem Erlöschen des Geschlechts von Habern, welches die Besitzung Minnaburg als Lehen hatte, wieder an die Pfalz zurückfiel. Im vorigen Jahrhundert kam Reichenbuch an Baden-Durlach. Der Ort gehörte jederzeit zur Pfarrei Gerach, mithin zum Bistume Würzburg, hatte aber nie eine Kirche. Bei der Kirchenspaltung pfarrten sich die Lutherischen von Reichenbuch in die Kirchengemeinde Daudenzell ein.

Übernommen im Original aus „Historisch-topographisch statistische Beschreibung des Amtsbezirkes Mosbach“. Freie Lehrer-Konferenz Mosbach 1884.

Anmerkung: Franz August Würth, katholisch, , Hauptlehrer in Reichenbuch, war verheiratet mit Emma Würth geb. Bach. Am 04.01.1891 ist die gemeinsame Tochter Paulina Elisabetha, im Alter von einem Jahr, in Reichenbuch verstorben.

Istwan Hotzwei

Der folgende Kirchenbucheintrag, aus dem Jahr 1793, entstammt dem katholischen Kirchenbuch von Neckargerach.

xx Reichenbuch Istwan Hotzwai
Den 12 august ist ein katholischer Soldat mit nahmen
Istwan Hotzwai von dem Lerrischen frei Corps in
Reichenbuch gestorben, aldasige Reformirte haben sich
anfänglich widersetzet, dießen in ihren Friedhof
zu begraben zu lassen, doch auf triftiges Vorstellen meines
Herrn Cooperators  jörg Deuker haben sie solche
Begräbnis zugelaßen, und vier Soldaten haben den
todten begraben.

Dieses habe ich mit Eifer/Absicht auf deutsch vermerkt, woraus die Ansichten/Gesinnungen der Protestanten abgelesen/gefolgert werden können. (letzter Absatz Übersetzung aus dem lateinischen)

Der Priester Johann Heinrich Strohmenger, zu diesem Zeitpunkt kath. Pfarrer zu Neckargerach, hat wohl gedacht mit diesem Kirchenbucheintrag ein Zeichen setzen zu müssen. Bis dato und auch später wurden alle katholischen Kirchenbucheinträge in Latein geschrieben. Der Grund für den deutschen Eintrag wurde dann wieder in Latein verfasst. Kleine Sticheleien zwischen Katholiken und Reformierten waren zu der Zeit wohl an der Tagesordung.

Anmerkung: Nach einigen Rangeleien mit der Gemeinde Neckargerach, wohl auch unter Mitwirkung der Geistlichen beider Konfessionen, beschlossen die reformierten Reichenbucher 1749 einen eigenen Gottesacker anzulegen. Die katholischen Reichenbucher beharrten auf Ihrem althergebrachten Recht Ihre Toten in Neckargerach beisetzen zu dürfen. So kam es am 28. Mai 1749 zur Segnung des reformierten Gottesackers zu Reichenbuch. Mit dem Soldaten Istwan Hotzwai kam es dazu das nicht ein Einheimischer sondern ein Auswärtiger der erste Katholik wurde der in Reichenbuch beerdigt wurde. Die Reichenbucher Katholiken mussten darauf noch einige Jahrzehnte warten.

Möge Jeder selbst entscheiden was Pfarrer Strohmenger damals mit dem Eintrag bezwecken wollte.

Unseren Gefallenen

Wir gedenken den Gefallenen und Vermissten beider Weltkriege.

Das alte Kriegerdenkmal am ehemaligen gasthaus „Krone“

Die Gefallenen im 1. Weltkrieg:

Brauch Gustav,  Helm Friedrich,  Hornung Wilhelm,  Keil Karl,  Knapp Robert,  Knapp Vinzens,  Moser Heinrich,  Noe Oskar,  Pfetzer Kilian,  Sensbach Karl,  Scheuermann Max,  Strauss Karl,  Vierling Georg,  Vierling Friedrich

Die Gefallenen im 2. Weltkrieg:

Brauch Otto,  Brauch Gustav,  Ebert Hilda,  Höreth Josef,  Kühn Julius,  Neureuther Alfred,  Pfetzer Josef,  Sensbach Ludwig,  Sigmund Rudolf,  Scheuermann Fritz,  Schnörr Jakob,  Hofmann Erwin,  Roth Rudolf

Vermisste im 2. Weltkrieg:

Ballenweg Rubens,  Brauch Friedrich,  Kühn Otto,  Noe Oskar,  Sensbach Karl,  Scholl Gottfried,  Scheuermann Ludwig,  Westenhöfer Seraphin

 

Die neue Gedenktafel auf dem Friedhof

Ersterwähnung von Reichenbuch

Die sogenannte Ersterwähnung eines Ortes bezieht sich immer auf eine Urkunde, die Entstehung eines Ortes bleibt mangels schriftlicher Dokumente so gut wie immer im dunkeln. So auch bei Reichenbuch. Erstmals urkundlich erwähnt wir Reichenbuch in einem Kaufvertrag am 09. Oktober 1330. Die Urkunde ist als Regest bei der ev. Stiftsschaffnei Mosbach im Lagerbuch 1584 Folio 691 vorhanden. Der Kaufvertrag besagt folgendes :

09. Oktober 1330 (Dyonis)

Ritter Johannes von Obrigheim gen. das Kind verkauft dem Stift zu Mosbach ein Haus zu Reichenbuch (Reichards-) zwei Morgen Acker auf Obrigheimer Gemarkung und die Fähre zu Neckargerach (Negger-) um 106 Pfund Heller.

Siegler : Aussteller, sein Sohn Johannes, seine Brüder Dieter und Berthold

Wenn wir uns die Urkunde jetzt durchlesen fällt auf das es sich lediglich um ein Haus in Reichenbuch handelt. Somit Bestand damals Reichenbuch bereits als Ort und hatte auch schon mehrere Häuser. Die eigentliche Entstehung des Ortes ist zwar nicht belegbar aber fand wesentlich früher statt. Es bleibt abzuwarten ob nicht irgendwann, irgendwo noch frühere schriftliche Zeugnisse von Reichenbuch auftauchen. Zum heutigen Zeitpunkt (2020) kann Reichenbuch immerhin auf eine 690 jährige Geschichte zurückblicken.