„Um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen“
Die Reichenbucher konnten nicht einmal ruhig begraben werden – Aus alten „Friedhofakten“ geht allerlei hervor
Neckargerach/Reichenbuch. In unserer Samstagsausgabe berichteten wir über seltsame Begräbnisse Reichenbucher Bürgerinnen, die man nicht unbedingt auf dem Neckargeracher Friedhof haben wollte. Die strittigen Beerdigungen machten nicht nur Neckargeracher und Reichenbucher „durcheinander“, sondern damit mussten sich auch „hohe“ kirchliche und weltliche Stellen bis Karlsruhe und Neckargemünd befassen. Als Fortsetzung bringen wir heute, wie der Beerdigungsstreit dann beigelegt und der Vergleich mit den Neckargerachern „angeraten“ wurde:
Hiermit hätte diese Sache nach obigem Sentenz ihr verbleiben haben sollen; allein der Amtmann von Dielsberg, Herr von Buchewitz, ließe sich durch den Oberamts-Schultheißen zu Mosbach, Herrn Küßig, dahin verleiten, dass er seiner Reichenbucher Gmeind einen Vergleich mit denen Gerachern angeraten, welcher dann auch zum Nachteil derer Reichenbucher geschahe, indem sie sich ihres Rechtes, den alten ordentlichen Weg ihre Toten zu führen, auf Zureden ihres Beamten sich selbsten Begaben, welches den Herrn von Buchewitz sowohl als auch die Reichenbucher gereuste; dieweilen aber die Sach nicht mehr zu ändern ware, so hielte die reformierte und lutherische gemeind bei hochl. Kirchenrat um Erlaubnis an, sich einen eigenen Kirchhof zu Reichenbuch anzuschaffen, welches ihnen dann auch, um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen, von Hoher Regierung und hochl. Kirchenrat verwilligt wurde, und damit sie nicht alles es propgriis, was noch zur Erkaufung des Platzes und Einfassung desselben und anderer Erfordernüßßen von Nöten ware, beitragen dörften, so verordnete hochl. Kirchenrat ein Kollektenpatent zur Bestreitung aller Unkosten, welches auch so viel eingetragen, dass man alles Nötige zur Beerdigung eines Toten hat anschaffen können. Das Kolektenbuch nebst der Rechnung über Einnahme und Ausgabe liegt in der dahiesigen Almosenkist.
Herrn Inspektori Weinberg zu Neckargemünd wurde von hochl. Kirchenrat die Kommission übertragen, den Kirchhof zu Reichenbuch der reformierten Gemeind anzuweisen, welcher auch den 28. May 1749 sich hierher und dann mit meinem Bruderen, dem damaligen Rektori an jetzo zweiten Pfarrer zu Mosbach, Joseph, und dem damaligen Präzeptorian jetzo Pfarrer zu Westhofen, Herrn Weizel, nach Reichenbuch begabe und seine Kommision verrichtete. Bei Anweisung des Kirchhofes hielt gemeldter Herr Inspektor eine wohlausgearbeitete und auf diesen Umstand sich schickende zierliche Rede vor der ganzen Gmeind Reichenbuch auf dem Kirchhofplatz; ich konnte wegen einer zugestossenen Maladiem, wie ich dann von der Zeit an bei zwei Jahr damit zugebracht, diesen Aktui nicht beiwohnen.
Nach dieser Verrichtung hatte Herr Inspektor alles zu Protokoll genommen, auch verordnet, dass inskünftig Gemein die von einem Alten zur Erde zu bestatten dem zeitlichen Pfarrer ein fl. 12 Kr., von enem Jungen aber nur 1 fl. solle vor seine Leichpredigt solle gereicht werden, was aber mich betraf, so schickte mir die Gemeind einen schriftlichen Revers zu, des Inhalts, dass so lange ich bei ihnen als Pfarrer stehen würde, sie mir von einem Alten 1 fl. 30 Kr., von einem Jungen aber 1 fl. 12 Kr. zahlen wollte, und das geschah aus dieser Ursach, dieweilen ich viele Kosten und Mühen mit diesem Prozess gehabt habe. Dieser Revers liegt ebenfalls unter denen Reichenbuchern Akten in der Almosenkist dahier. (wird fortgesetzt)
RNZ vom 8. November 1999, mit freundlicher Genehmigung der RNZ, Redaktion Mosbach.