Der Kutscher

Am 11. Dezember 1689 findet sich folgender Taufeintrag im ev. Kirchenbuch von Neckargerach.

getauft wurde Elisabeth die Tochter von Hanß Jacob Leonhardt und seiner Ehefrau Margaretha.

Eigentlich ein ganz normaler Taufeintrag wie hunderte Andere auch. Mir viel lediglich auf das der Familienname Leonhard/t, in unserer Gegend, nicht geläufig ist. Vor diesem Taufeintrag tauchte dieser Familienname nicht auf. Auf der Suche nach der eigenen Familie achtet man erst Mal nicht so sehr auf Einträge anderer Familiennamen.

Dann allerdings fand sich unter den Sterbeeinträgen folgender Eintrag:

Den 16ten 9bris (Novembris 1701) starb Hans Jacob Leonhard vormahlst gewese(ner) Kutscher
bey Ihro Churfürst(lichen) D(ur)ch(lauchtigen) H(oheit) H(errn) Carl Ludwig hochse(ligen) andenkens, in seinem 48.Jahr. u. den 18ten ejusd(em) begraben.

Und plötzlich wird eine Geschichte daraus!

Hans/ß Jacob Leonhard/t war also Kutscher von Carl I. Ludwig von der Pfalz, Pfalzgraf und Kurfürst der Pfalz von 1649 bis 1680.

Jetzt stellt sich die Frage, warum wohnt der Kutscher des Kurfürsten in Neckargerach? Sicherlich musste der Kutscher bei Hof ständig verfügbar sein, ein pendeln zwischen Neckargerach und Heidelberg, zur damaligen Zeit, dürfte kaum möglich gewesen sein.

Also wie kam jetzt die Familie Leonhard/t nach Neckargerach?

Um obige Frage beantworten zu können müssen wir mit großer Wahrscheinlichkeit etwas tiefer in die kurpfälzische Geschichte eintauchen. Carl I. Ludwig von der Pfalz war der Bruder von Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz (besser bekannt als Liselotte von der Pfalz). Nach Carls Tod kam es in der Folge zum Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697). Während dieses Krieges wurde Heidelberg zweimal von französischen Truppen eingenommen und zerstört. Bekannt ist das es vor, während und nach der Einnahme und Zerstörung Heidelbergs zu größeren Flüchtlingswellen, aus der Stadt, kam. Bekannt ist ebenfalls das sich diese Flüchtlingswellen neckaraufwärts bewegt haben.

Jetzt zurück zu Hans/ß Jacob Leonhard/t und seiner Familie.

Die Zeit der Taufe seiner Tochter lässt sehr stark vermuten das Hans/ß Jacob mit seiner Frau einer dieser Flüchtlingswellen angehörte. Vermutlich ist er wie Viele damals von Heidelberg über Eberbach Richtung Heilbronn geflüchtet. Dabei dürfte er dann mit seiner hochschwangeren Frau in Neckargerach hängen geblieben sein. Mit großer Wahrscheinlichkeit blieb man dann auch in Neckargerach wohnen.

Leider finden sich bis Heute keine weiteren Informationen zur Familie Leonhard/t, weder die genaue Herkunft (vor 1689) noch der Verbleib von Frau und Tochter (nach 1701) konnten bisher geklärt werden. Dies wird einer späteren Nachforschung vorbehalten bleiben.

Akten Stüber Cent Gemeindevermögen

1822 August 19. – Vernehmung des 67 Jahre alten Vogts Pfitsch1) von Guttenbach zum von Reichenbuch beantragten Beweise seiner Zentzugehörigkeit anläßlich der Verteilung des Stüber Zentvermögens.

1.Wahr, daß Reichenbuch früherhin mit Guttenbach eine gemeinde gebildet hat?

Ja

2. Wahr, daß alle herrschaftlichen Befehle durch den Vorstand von Guttenbach in Reichenbuch geworden?

Dies seie nicht so. Der amtsbot habe die herrschaftlichen befehle unmittelbar nach Reichenbuch an den anwald Fischer gebracht.

3. Wahr, daß Reichenbuch in dem Stüber zentverband gewesen?

Davon seie ihm nichts bekannt. So lange er zentschöf gewesen seie, habe er nie Reichenbuch als zum zentverband gehörig nennen können.

4. Wahr, daß Reichenbuch alles maß und gewicht von der Stüber zent annemen müßen?

Im jahr 1806 seie im zentverband eine generaleiche vorgenommen worden, und seie damals auf befehl des zentgrafen Bekert auch das mas und gewicht des orts Reichenbuch von ihnen geeicht worden. Warum dieses geschehen, wiße er nicht.

5. Wahr, daß der noch lebende alte vogt Pfitsch die inventuren in Reichenbuch besorgt?

Reichenbuch habe früher zum amt Schwarzach gehört, und habe der vogt zu Guttenbach, wenn des amts eine inventur vorgenommen, beizusitzen das recht gehabt. Worauf sich dieses recht gegründet, wiße er übrigens nicht, und seie noch zu bemerken, daß der anwald von Reichenbuch den inventuren ebenfalls beigewohnt habe.

6. Wahr, daß alle gemeindeangelegenheiten für Reichenbuch von Guttenbach aus besorgt wurden?

Dem seie nicht so. Der anwald zu Reichenbuch habe die geschäfte der gemeinde besorgt und seie unmittelbar unter dem amte gestanden. Er habe seines erinnerns nie eine angelegenheit der Reichenbucher gemeinde besorgt.

7. Wahr, daß der ort Reichenbuch gleich anderen centorten alle dienste leisten müßen?

Das wiße er nicht und glaube es nicht.

8. Wahr, daß Reichenbuch alle woche eine kehrmagd in das schloß Minnenberg stellen müßen gleich den anderen centorten?

Davon seie ihm nichts bekannt.

9. Wahr, daß der ort Reichenbuch aus dem zentwald holz in der frond nach dem Dilsberg und anderen orten führen müße?

Möglich seie es, daß die Reichenbucher in der frond das sogenannte invalidenholz aus dem zentwald nach Schwarzach nicht aber nach Dilsberg, wohin nie holz aus dem zentwald abgegeben worden seie, geführt hätten. Das invalidenholz seie in den zentwald angewiesen und in der frond gehauen und nach Schwarzach verbracht worden. Wenn die Reichenbucher dieses holz nach Schwarzach geführt hätten, so seien sie solches als hand- und spannfrönder, nicht aber weil sie in den zentverband gehört, schuldig gewesen.

Vorgelesen, bestätigt, und bemerkt vogt Pfitsch noch, daß Guttenbach, Katzenbach und Reichenbuch allein auf der Minneburg frondpflichtig gewesen und deshalb vieleicht eine kehrmagd dahin geschickt hatten, dieses habe aber keinen bezug auf den zentverband, sondern auf das frühere untertanenverhältnis gegen die herren der Minneburg.

GLA. Akten Stüber Cent Gemeindevermögen. aus: Badische Weistümer und Dorfordnungen Reichartshauser und Meckesheimer Zent bearb.: von Carl Brinkmann, Heidelberg 1917

1) Johann Michael Pfitsch, Bauer und Vogt in Guttenbach, *04.09.1756 in Guttenbach +07.11.1828 in Guttenbach