Der reformierte Friedhof zu Reichenbuch Teil 2.

„Um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen“

Die Reichenbucher konnten nicht einmal ruhig begraben werden – Aus alten „Friedhofakten“ geht allerlei hervor

Neckargerach/Reichenbuch. In unserer Samstagsausgabe berichteten wir über seltsame Begräbnisse Reichenbucher Bürgerinnen, die man nicht unbedingt auf dem Neckargeracher Friedhof haben wollte. Die strittigen Beerdigungen machten nicht nur Neckargeracher und Reichenbucher „durcheinander“, sondern damit mussten sich auch „hohe“ kirchliche und weltliche Stellen bis Karlsruhe und Neckargemünd befassen. Als Fortsetzung bringen wir heute, wie der Beerdigungsstreit dann beigelegt und der Vergleich mit den Neckargerachern „angeraten“ wurde:

Hiermit hätte diese Sache nach obigem Sentenz ihr verbleiben haben sollen; allein der Amtmann von Dielsberg, Herr von Buchewitz, ließe sich durch den Oberamts-Schultheißen zu Mosbach, Herrn Küßig, dahin verleiten, dass er seiner Reichenbucher Gmeind einen Vergleich mit denen Gerachern angeraten, welcher dann auch zum Nachteil derer Reichenbucher geschahe, indem sie sich ihres Rechtes, den alten ordentlichen Weg ihre Toten zu führen, auf Zureden ihres Beamten sich selbsten Begaben, welches den Herrn von Buchewitz sowohl als auch die Reichenbucher gereuste; dieweilen aber die Sach nicht mehr zu ändern ware, so hielte die reformierte und lutherische gemeind bei hochl. Kirchenrat um Erlaubnis an, sich einen eigenen Kirchhof zu Reichenbuch anzuschaffen, welches ihnen dann auch, um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen, von Hoher Regierung und hochl. Kirchenrat verwilligt wurde, und damit sie nicht alles es propgriis, was noch zur Erkaufung des Platzes und Einfassung desselben und anderer Erfordernüßßen von Nöten ware, beitragen dörften, so verordnete hochl. Kirchenrat ein Kollektenpatent zur Bestreitung aller Unkosten, welches auch so viel eingetragen, dass man alles Nötige zur Beerdigung eines Toten hat anschaffen können. Das Kolektenbuch nebst der Rechnung über Einnahme und Ausgabe liegt in der dahiesigen Almosenkist.

Herrn Inspektori Weinberg zu Neckargemünd wurde von hochl. Kirchenrat die Kommission übertragen, den Kirchhof zu Reichenbuch der reformierten Gemeind anzuweisen, welcher auch den 28. May 1749 sich hierher und dann mit meinem Bruderen, dem damaligen Rektori an jetzo zweiten Pfarrer zu Mosbach, Joseph, und dem damaligen Präzeptorian jetzo Pfarrer zu Westhofen, Herrn Weizel, nach Reichenbuch begabe und seine Kommision verrichtete. Bei Anweisung des Kirchhofes hielt gemeldter Herr Inspektor eine wohlausgearbeitete und auf diesen Umstand sich schickende zierliche Rede vor der ganzen Gmeind Reichenbuch auf dem Kirchhofplatz; ich konnte wegen einer zugestossenen Maladiem, wie ich dann von der Zeit an bei zwei Jahr damit zugebracht, diesen Aktui nicht beiwohnen.

Nach dieser Verrichtung hatte Herr Inspektor alles zu Protokoll genommen, auch verordnet, dass inskünftig Gemein die von einem Alten zur Erde zu bestatten dem zeitlichen Pfarrer ein fl. 12 Kr., von enem Jungen aber nur 1 fl. solle vor seine Leichpredigt solle gereicht werden, was aber mich betraf, so schickte mir die Gemeind einen schriftlichen Revers zu, des Inhalts, dass so lange ich bei ihnen als Pfarrer stehen würde, sie mir von einem Alten 1 fl. 30 Kr., von einem Jungen aber 1 fl. 12 Kr. zahlen wollte, und das geschah aus dieser Ursach, dieweilen ich viele Kosten und Mühen mit diesem Prozess gehabt habe. Dieser Revers liegt ebenfalls unter denen Reichenbuchern Akten in der Almosenkist dahier. (wird fortgesetzt)

Der reformierte Friedhof zu Reichenbuch Teil 1.

Dieser Beitrag wird, Aufgrund seiner Größe, in drei Teile zerlegt. Teil 1 und Teil 2 sind zwei Beiträge, die von „unser tom“, in der RNZ Ausgabe Mosbach veröffentlicht wurden. Teil 3 dient dazu die näheren Umstände anhand der Kirchenbücher und Gerichtsakten zu beleuchten.

Tote Reichenbucherin im Feld abgestellt

„Strittig gemachte Beerdigung der Reichenbucher Gemeinde betr.“

Reichenbuch/Neckargerach. (tom) Der November ist traditionsgemäß der „Totenmonat“. Die christlichen Gemeinden besuchen allüberall die Gräber der Verstorbenen, doch zu Menschengedenken waren in einigen Gemeinden noch für Katholiken und Protestanten geteilte Friedhöfe. In Reichenbuch zum Beispiel gab es einen Friedhof, der nur für die evangelische Kirchengemeinde gedacht war. Noch vor sechs Jahrzehnten wurden die Katholischen auf dem Neckargeracher Friedhof beerdigt und wurden mit dem pferdegezogenen Leichenwagen von Reichenbuch nach Neckargerach gefahren. An der Gemarkungsgrenze hielt der Leichenzug an, um vor dem Übertritt in die Neckargeracher Gemarkung zu beten. Dazu wird wohl auch das an der Gemarkungsgrenze aufgestellte große Wegkreuz beigetragen haben.

Ein Bericht des RNZ-Redakteurs zu früheren Beerdigungen Reichenbucher Christen auf dem Neckargeracher Friedhof gab Pfarrer Claus, der viele Jahre in Neckargerach Pfarrer war, Anlass einmal nachzusehen, wie das nicht nur in früheren Jahrzehnten, sondern vor Jahrhunderten mit den Beerdigungen der Reichenbucher in Neckargerach war. Der evangelische Geistliche übergab uns einen Auszug aus den Presbyterial- und Pfarrakten der reformierten Kirchengemeinde Neckargerach. Darin ist gar Schreckliches zu lesen, zum Beispiel über eine „strittig gemachte Beerdigung der Reichenbucher Gemeind“.

Wir zitieren: Es ware noch im Januar des 1749 Jahres, eine kath. Frau von Reichenbuch mit Todt abgegangen, und da man dieselbe zur Begräbniß auf einen Sonntag hierher brachte, und über das sogenannte Kerfeld, als den jederzeit gewöhnlichen Kirchen- und Totenweg führen wollte, so fand es sich der dahiesige katholische Schultheiß Joh. Bodenburg mit seiner hiesigen Gemeind und sämtlichen Bürgerschaft von den dreien Religionen an dem Eingang gedachten Weges alle mit Centhgewehren und Prügeln versehen an; und hielten die ohnehin schwache Gemeind zu Reichenbuch, um ihren Toten den gemeldten gewöhnlichen und von sehr alten Zeiten her gebräuchlichen Weg über das Kerfeld zu führen zurück, so dass sie den Toten auf dem Schlitten auf dem Fuhrweg stehen und denen Gerachern selbigen Sonn- und darauf folgenden Montag zu bewachen überliessen, welches auch so lange geschahe, bis der Befehl den folgenden Dienstag vom wohllöbl. Oberamt an die Geracher Gemeind ergangen, dass sie mehrgemeldt tote Frau ohne fernweiteren Anstand bei Vermeidung herrschaftlicher Strafe den sogenannten Kirchenweg über das Kerfeld nach kath. Gebrauch mit Gesang und Fahnen sollen passieren lassen.

Die Geracher Wache zog ab

Diesem nach zoge die Geracher Wache ab, und der kath. Pffr. Herr Fleischmann liese durch einen Franziskaner Pater von Mosbach die Leiche über mehrgemeldtes Feld abholen und führen. Kurz hernach, als den 7. Februar a.o. Eva Katharina des Weylandt Julii Winters gewesenen Bürgers zu Reichenbuch eheliche Frau, reform. Religion. Dieser ginge es in ihrem Todt nicht besser als wie der vorhergehenden; obgemeldter Schultheiß Bodenburg vermeinte nun besser Gelegenheit zu haben, an den Reichenbuchern sich revanchieren zu können, als bei der vorherigen Gelegenheit, wie er sich dann in seiner Meinung nicht getrogen, maßen das wohllöbl. Oberamt sich geneigter bei dieser reformierten als bei jener katholischen Begebenheit gegen ihn bezeigt; er machte dahero Anstalt und befahl seiner untergebenen Bürgerschaft, dieser toten Winterin unter seinem Kommando und Aufzug mit Centhgewehr oder Prügeln versehenden Bürgerschaft oben an dem strittigen Weg die Ehre zu erweisen, als wie der vorhergegangenen kathol. Frau. Anstatt nun die hiesige reformierte Bürgerschaft an die vorherige kath. Begräbniß und wie solche abgelaufen hätte denken und zurückbleiben, auch ihren Glaubensbrüdern, die in einem Kirchspiel stehen, mit Rat und Tat an Handen gehen sollen, so musste ich zu meinem grössten Leidwesen wahrnehmen, dass diese insgesamt mehr gegen ihre Glaubensgenossen wüteten und tobten als die katholischen; es half keine vernünftige Vorstellung bei ihnen etwas, sondern ihre Verantwortung war dieser Kohl, das sie immer sagten, sie hätten zu der Gemeind geschworen und dahero müssten sie auch tun, was der Schultheiß und die Gemeind haben wollten, eben als ob man auch zur Ausführung unbilliger und ungerechter Dinge geschworen habe.

Der Deckel der Totenlade zersprungen

Die tote Frau bliebe hierauf an eben dem Weg, wo die katholische vorhin auf weitere Ordre warten musste, nach einem zwischen denen Gerachern und Reichenbuchern Gemeinsgliedern vorgefallenen Streit und Zank stehen, und wurde bei einer eingefallenen solchen Kälte von den Gerachern bewacht, das der Deckel an der Totenlade zersprungen. Ich machte indessen an eben dem Tag meinen Bericht dieser Vorfallenheit wegen an hochl. Kirchenrat und beschwerte mich über das ungleiche Verfahren des hiesigen Schultheissen und seiner unterhabenden Gemeind; zu gleicher Zeit schickte die Reichenbucher Gemeind den kurpfälzischen Administrationsrechnungsverhörer, Herrn Deetken, in ihrem Namen nebst dem Kirchenältesten Valentin Brauch an ihr wohllöbl. Oberamt Heidelberg ab, um daselbsten ihr Angelegenheit beschwernd vorstellen zu lassen, welche so viel fruchtete, dass von beiden wohlgemeldten Dikasteriis zu gleicher Zeit bei hoher Regierung um Manutenenz dieser Gerechtsamen angesucht wurde; worauf nachstehender Hoher Regierungssentenz, welcher in Originali bei denen Reichenbuchern Kirchhofsakten in der Almosenkiste allhier verwahrt zu finden, erfolgte.

Copia:

Auf die vom Oberamt Heidelberg getane berichtliche Anzeig, betreffend die von dem Schultheiß und Gemeind zu Gerach der Gemeind Reichenbuch nicht gestattet werden wollende Ueberführung ihrer Toten zur Begräbniß über den sogenannten Kirchenweg, ergeht an das Oberamt Mosbach der ernst gemeinte Befehl, selbiges solle ermeldte Geracher allenfalls mit erforderlicher Exekution dahin vermögen, dass selbige der klagenden Gemeind Reichenbuch ihre Toten durch den Weg dem bisherigen Herkommen gemäss begraben lassen solle.

Mannheim, den 11. Februar 1749 von kurfürstlicher Regierung an das Oberamt Mosbach also abgegangen. Wir dem Oberamt Heidelberg auf seinen Bericht vom gestrigen Dato zur Nachricht zugeschickt. Mannheim den 11. Februar 1749 kurfürstliche Regierung I.A.G.R Wieser, Heusler.

Vor Ankunft angeregten Sentenzes ware der Schultheiss, nach dem sie drei Tage lang diesen toten Leichnam bewacht und desselben wegen eingefallenergrosser Kälte überdrüssig worden, bemühet denselben unter seiner Begleitung den Hohl- und Fuhrweg herunter bis an den Zollstock gegen den Kirchweg über führen zu lassen, allwo der Schlitten mit dem toten Leichnam die Nacht hindurch ohnbewacht stehen geblieben; den Tag darauf liess ich denselben, weilen der vorgemeldete Sentenz zu lange ausblieben, auf Anraten des Herrn Inspektionsverwesers Doll zu Neunkirchen (vide dessen Bericht in der Almosenkiste) zur Erde bestatten und gewöhnlichermaßen eine Leichtpredigt durch den zweiten Pfarrer zu Mosbach, Herrn Helfenstein, halten, indeme wegen einer zugestossenen Ohnpässlichkeit solches nicht selbsten zu verrichten ausser Stand mich befande. Seine Textes Worte waren genommen ex gen. V 29 und weilen gemeldter Herr Pfarrer i Applikationen denen Gerachern ihr ungerechtes Verfahren zu Gemüt geführet, so hatte sich der Schuhmacher Moff ref. Religion nach geendigtem Gottesdienst bei dem Schultheißen darüber beschweret, eben als ob der ihm Satisfaktion hätte verschaffen können. (wird fortgesetzt)

1726, ein tragischer Unfall

Im bäuerlichen Leben kam es auch in Reichenbuch immer wieder zu tragischen Unfällen. Einer dieser Unfälle ereignete sich am 25. Juli 1726.

Johannes Voll, Pfarrer zu Neckargerach, tätigte diesen Eintrag im Kirchenbuch. „me absente“ in meiner Abwesenheit.

den 25ten July starb Maria Margaretha, Julius Winters bürger⟨lich⟩en Ein-
wohners zu Reichenbuch ehel: ledige Tochter durch einen plötzlichen Tod, in dem sie an
den Brunnen geh⟨en⟩d (oder d⟨as⟩) Wasser zu holen vor demselben mit sambt dem Zuber zu Boden auff
das Angesicht gefallen, u so gleich tod geweßen, und wurde den 26 dito begraben me absente
von H. Pfr. Druber zu Lohrbach aetatis 18 Jahr. weniger 13 Wochen.


(Johann) Julius Winter hat am 24. Juli 1703 Eva Catharina geb. Sigmund aus Neckarkatzenbach geheiratet. Der Ehe entsprangen 7 Kinder. Besonders tragisch an dieser Geschichte, ist die Tatsache, das die Eltern 6 ihrer 7 Kinder überlebt haben. Julius Winter war, bis zu seinem Tod 1747, 28 Jahre lang, Kirchenältester der Ev. Kirche zu Neckargerach. Leider sollte das Schicksal auch für die Mutter, Eva Catharina, noch etwas Besonderes bereithalten. Hierzu in einem späteren Beitrag mehr.

Reichenbucher Heimatlied II

Am 22. November 2020 habe ich hier den Text des Reichenbucher Heimatliedes veröffentlicht. Dieses Lied wurde von Rudolf Niedermayer komponiert der Text stammt von Wolfgang Palm.

Vor einigen Wochen hat mich Frau Margret Beck aus Hamburg angeschrieben. Frau Beck ist eine Enkelin von Rudolf Niedermayer und auf der Suche nach Kompostitionen ihres Großvaters auf Tonträger.

Hier an dieser Stelle ein Aufruf an alle Reichenbucher, ob im Gesangverein oder nicht, wer hat das Reichenbucher Heimatlied auf einem Tonträger und kann Diesen für eine Kopie zur Verfügung stellen?

Nun möchte ich hier Frau Beck mit einem kurzen Abriss über ihren Großvater Rudolf Niedermayer zu Wort kommen lassen:

Rudolf Johann Niedermayer

Musik schafft Heimat

Das Reichenbucher Heimatlied wurde von Rudolf Niedermayer (https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Johann_Niedermayer) komponiert. Er lebte von 1957 bis zu seinem Tod im Jahr 1970 in Mosbach, zunächst in der Rosenstraße, dann ganz in der Nähe von Reichenbuch im Masseldorn in der Ödenburger Straße. Heute gibt es dort ein Wohnangebot der Johannes-Diakonie.

Niedermayer war Komponist, Musikpädagoge, Organist, Chorleiter und Musiker. Er wollte mit seiner Musik die Heimatverbundenheit und die kulturelle Identität der Menschen stärken. So schuf er zahlreiche Werke für Gemeinden, Regionen und Länder und für deren Gesangvereine und Chöre. Dabei arbeitete er mit Heimatdichtern und Heimatforschern zusammen, so auch mit Wolfgang Palm, dem Dichter des Liedes.

Sein Leben zeichnet europäische und deutsche Geschichte nach: Geboren im Jahr 1891 in Schönbach in Böhmen (heute Luby), zog es ihn nach Prag an das Konservatorium zum Studium von Komposition und Orgel. Damals gehörten beide Orte zu Österreich-Ungarn, wie dann auch Semlin (heute Zemun) in Kroatien, wo er als 20-jähriger Mann seine erste Stelle als Kirchenmusiker antrat. Er hat seine Heimatstadt verlassen und ist seiner Berufung gefolgt. Nach dem 1.  Weltkrieg lebte er noch immer in Semlin, aber nun in Jugoslawien. Weiter ging es gut 20 Jahre später nach Essegg (heute Osijek) in Kroatien als Professor an der Lehrerbildungsanstalt. Kroatien war inzwischen als Staat gegründet und Vasall von Hitler-Deutschland. Die Lage war 1941 nach dem Überfall auf Jugoslawien sehr unsicher geworden, zumal in Semlin neben dem von Deutschen besetzten Serbien. Er musste 1944, als Wehrmacht und Waffen-SS zurückgeschlagen wurden, fliehen – erst zurück nach Schönbach, inzwischen Tschechoslowakei, dann weiter nach Deutschland bis Abensberg bei Regensburg, danach Lauingen an der Donau und schließlich Mosbach. Von den Mühen der Integration konnte er ein Lied singen. Er hat sie bewältigt.

An die 2000 Kompositionen sind es, die er im Laufe seines Lebens schuf. Er hört bestimmt gerne von oben zu, wenn in Reichenbuch sein Lied gesungen wird.

Margret Beck

Kurz vor Veröffentlichung dieses Beitrages hat sich noch etwas Neues ergeben. Frau Beck hat die Notenblätter des Reichenbucher Heimatliedes erhalten, diese dürfen hier veröffentlicht werden.

Die Noten sind im Archiv der Künstlergilde Esslingen verwahrt, verwaltet vom Sudetendeutschen Musikinstitut.

Akten Stüber Cent Gemeindevermögen

1822 August 19. – Vernehmung des 67 Jahre alten Vogts Pfitsch1) von Guttenbach zum von Reichenbuch beantragten Beweise seiner Zentzugehörigkeit anläßlich der Verteilung des Stüber Zentvermögens.

1.Wahr, daß Reichenbuch früherhin mit Guttenbach eine gemeinde gebildet hat?

Ja

2. Wahr, daß alle herrschaftlichen Befehle durch den Vorstand von Guttenbach in Reichenbuch geworden?

Dies seie nicht so. Der amtsbot habe die herrschaftlichen befehle unmittelbar nach Reichenbuch an den anwald Fischer gebracht.

3. Wahr, daß Reichenbuch in dem Stüber zentverband gewesen?

Davon seie ihm nichts bekannt. So lange er zentschöf gewesen seie, habe er nie Reichenbuch als zum zentverband gehörig nennen können.

4. Wahr, daß Reichenbuch alles maß und gewicht von der Stüber zent annemen müßen?

Im jahr 1806 seie im zentverband eine generaleiche vorgenommen worden, und seie damals auf befehl des zentgrafen Bekert auch das mas und gewicht des orts Reichenbuch von ihnen geeicht worden. Warum dieses geschehen, wiße er nicht.

5. Wahr, daß der noch lebende alte vogt Pfitsch die inventuren in Reichenbuch besorgt?

Reichenbuch habe früher zum amt Schwarzach gehört, und habe der vogt zu Guttenbach, wenn des amts eine inventur vorgenommen, beizusitzen das recht gehabt. Worauf sich dieses recht gegründet, wiße er übrigens nicht, und seie noch zu bemerken, daß der anwald von Reichenbuch den inventuren ebenfalls beigewohnt habe.

6. Wahr, daß alle gemeindeangelegenheiten für Reichenbuch von Guttenbach aus besorgt wurden?

Dem seie nicht so. Der anwald zu Reichenbuch habe die geschäfte der gemeinde besorgt und seie unmittelbar unter dem amte gestanden. Er habe seines erinnerns nie eine angelegenheit der Reichenbucher gemeinde besorgt.

7. Wahr, daß der ort Reichenbuch gleich anderen centorten alle dienste leisten müßen?

Das wiße er nicht und glaube es nicht.

8. Wahr, daß Reichenbuch alle woche eine kehrmagd in das schloß Minnenberg stellen müßen gleich den anderen centorten?

Davon seie ihm nichts bekannt.

9. Wahr, daß der ort Reichenbuch aus dem zentwald holz in der frond nach dem Dilsberg und anderen orten führen müße?

Möglich seie es, daß die Reichenbucher in der frond das sogenannte invalidenholz aus dem zentwald nach Schwarzach nicht aber nach Dilsberg, wohin nie holz aus dem zentwald abgegeben worden seie, geführt hätten. Das invalidenholz seie in den zentwald angewiesen und in der frond gehauen und nach Schwarzach verbracht worden. Wenn die Reichenbucher dieses holz nach Schwarzach geführt hätten, so seien sie solches als hand- und spannfrönder, nicht aber weil sie in den zentverband gehört, schuldig gewesen.

Vorgelesen, bestätigt, und bemerkt vogt Pfitsch noch, daß Guttenbach, Katzenbach und Reichenbuch allein auf der Minneburg frondpflichtig gewesen und deshalb vieleicht eine kehrmagd dahin geschickt hatten, dieses habe aber keinen bezug auf den zentverband, sondern auf das frühere untertanenverhältnis gegen die herren der Minneburg.

GLA. Akten Stüber Cent Gemeindevermögen. aus: Badische Weistümer und Dorfordnungen Reichartshauser und Meckesheimer Zent bearb.: von Carl Brinkmann, Heidelberg 1917

1) Johann Michael Pfitsch, Bauer und Vogt in Guttenbach, *04.09.1756 in Guttenbach +07.11.1828 in Guttenbach

Flurdenkmal, Jesus am Kreuz

Verlassen wir Reichenbuch in Richtung Neckargerach finden wir nach etwa 500 Metern ein Flurdenkmal. Es handelt sich um ein sogenanntes Wege-bzw Flurkreuz und steht an der Gemerkungsgrenze zwischen Reichenbuch und Neckargerach. Es ist als Kruzifix (Darstellung des Gekreuzigten) ausgeführt. Als Material wurde der heimische Buntsandstein gewählt.

An der L527 Gemerkungsgrenze zwischen Neckargerach und Reichenbuch

Im Rahmen des Sockels befindet sich folgender Spruch:

Dein heilig Kreuz

Herr Jesus Christ

Im Leben uns Kraft

Mut(h) und Licht.

Im Tod uns Trost

u. Zuversicht.

Was lange Jahre nicht sichtbar war im Unterbau befindet sich eine Inschrift der Stifter:

Gestiftet von Karl Schiemer in Stein

gehauen u. dessen Ehefrau Luise geb.

Sensbach 1901

Bei der Inschrift der Stifter können Aufgrund der Verwitterung Lesefehler enthalten sein.

Reichenbucher Auswanderer

Ein Abschied für immer?

„Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben. Wo ist nur mein Schatz geblieben? ist nicht hier, ist nicht da, ist wohl in Amerika“

Kinderreim aus dem 19. Jahrhundert
Werbung einer Auswanderer-Argentur.

Perspektivlosigkeit, Hunger, Krieg, Revolution, Verfolgung von diesen Dingen wurden auch unsere Vorfahren geplagt. Das 19. Jahrhundert war geprägt von Auswanderungen hauptsächlich in die Neue Welt. Anbei eine Liste mit Reichenbucher Auswanderern die ich bei meinen Recherchen in Kirchenbüchern gefunden habe. Im Rahmen weiterer Forschungen konnten zu einigen Auswanderern Informationen über den Verbleib gefunden werden.

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Über Hinweise von weiteren Auswanderern und deren Verbleib, sowie jegliche Art von Informationen zu den Gründen der Auswanderung würde ich mich freuen.

  • Katharina Bieler *21.07.1878 (1900 – Frankreich)  
  • Andreas Brauch *03.07.1809 (1854 – Nordamerika) 
    • Elisabetha Brauch geb. Friedrich *15.11.1805 (1854 – Nordamerika)  
    • Luisa Brauch *03.03.1841 (1854 – Nordamerika) 
    • Marie Brauch *25.12.1844 (1854 – Nordamerika) 
    • Friederich Brauch *15.10.1843 (1854 – Nordamerika) 
    • Friederika Brauch *20.10.1836 (1854 – Nordamerika) 
    • Katharina Brauch *15.10.1839 (1854 – Nordamerika) 
    • Elisabetha Brauch *21.01.1850 oo Grischy Jakob *02.07.1852 +13.03.1929 +29.11.1939 Cincinnati, Hamilton, Ohio (1854 – Nordamerika)  
  • Friederike Ernst *12.01.1834 oo 20.02.1855 Valentin Steck *22.03.1835 Schollbrunn +14.03.1906 Willow Hill, Pennsylvania +14.03.1904 Franklin Co., Pennsylvania (1854 – Nordamerika) 
  • Georg Adam Fischer *26.12.1853 (1872 – Nordamerika) 
  • Bernhard Heinrich Fischer *24.04.1859 (1880 – Nordamerika)   
  • Maria Graf *um 1844 Ankunft 02.09.1902 mit Schiff Kaiser Wilhelm Der Grosse in New York, New York, United States (1902 – Nordamerika) 
    • Kilian Graf *1882 Ankunft 02.09.1902 mit Schiff Kaiser Wilhelm Der Grosse in New York, New York, United States (1902 – Nordamerika) 
    • Simon Graf *1888 Ankunft 02.09.1902 mit Schiff Kaiser Wilhelm Der Grosse in New York, New York, United States(1902 – Nordamerika) 
    • Elisabeth Graf *1885 Ankunft 02.09.1902 mit Schiff Kaiser Wilhelm Der Grosse in New York, New York, United States (1902 – Nordamerika) 
  • Georg Michael Heck *20.04.1835 (1852 – Nordamerika) 
  • Eduard Heck *19.04.1818 (1851 – Nordamerika) 
  • Karoline Scheuermann *25.06.1835 (1854 – Nordamerika) 
  • Philippine Schäfer *15.07.1828 Ankunft 1857 mit Schiff Olympia in New York, New York, United States (1857 – Nordamerika)
    • Anna Maria Schäfer *25.10.1856 +19.11.1857 Abends 5 Uhr und wurde „Died in the Bagage“ nächsten Morgen 5 Uhr über Land gesetzt. (1857 – Nordamerika)
  • Helene Sensbach *23.05.1829 (1851 – Nordamerika)
  • Heinrich Vierling *19.07.1837 (1882 – Nordamerika) 
    • Luisa Vierling geb. Brauch *09.11.1850 wohnte mit den Kindern, August, Heinrich und Luisa beim Census (Volkszählung) am 8. Juni 1900 in Kingston, Ulster, New York. Der Ehemann Heinrich Vierling wird beim Census nicht genannt.(1882 – Nordamerika)
    • August Vierling *16.06.1872 (1882 – Nordamerika)
    • Heinrich Vierling *12.07.1874 Arbeiter in Kingston, Ulster, New York (1882 – Nordamerika)
    • Luisa Vierling *29.05.1880 Zigarrenmacherin in Kingston, Ulster, New York (1882 – Nordamerika) 
  • Wilhelmine Winter *07.09.1828 Ankunft 1857 mit Schiff Olympia in New York, New York, United States (1857 – Nordamerika) 
  • Elisabetha Haas geb. Winter *17.07.1819
    • Jakobina Haas *27.03.1842
  • Erwin Kürschner *28.03.1901 Ankunft 05.05.1929 mit Schiff München in New York (1929 – Nordamerika)
    • Karoline Luise Kürschner geb. Schnörr *24.03.1902 Ankunft 05.05.1929 mit Schiff München in New York (1929 – Nordamerika)
    • Fred Erwin Kürschner *03.03.1926 Ankunft 05.05.1929 mit Schiff München in New York (1929 – Nordamerika)
    • Richard Adolf Kürschner *20.10.1927 Ankunft 05.05.1929 mit Schiff München in New York (1929 – Nordamerika)
    • Luisa Kürschner *27.12.1928 Ankunft 05.05.1929 mit Schiff München in New York (1929 – Nordamerika)

Aus dem Guttenbacher Dorfbuch

Betreffend Die Frohndienste um 1366

„Auf der Guttenbacher Herrenwiesen müssen gedachte Handfröhner Heu und Ohmet mähen, auch dürr machen. Ebenmäßig müssen die Reichenbucher solch Heu und Ohmet ins Hauß Minnenberg führen, dann gibt man, wann sie ausgefahren, Brodt nach Nothdurft, Gedachtes Heu wird jährlich, wie in Rechnungen zu sehen nach Heydelberg zu Churpfalz Hofhaltung geführet.“

1566 wird diese Last genauer umschrieben.

„Die dem Schloß Minneburg zustehenden Frohnen aus Gudenbach, Katzenbach und Reichenbuch, so alle drei under einem stab gehörig und ein gericht ist.“

  1. Fuhr-Handfron. Diese drei gemeinden seien alle fuhr- und handfrondinst schuldig in nachvolgenden stücken, nichtzit ausgenumen.
  2. Hagen und Jagen Nota, hagen und jagen seien sie ohne einige kosten zu tun schuldig.
  3. Ackerfron. Item alle zum schloß gehörige ackervelder am berge und in gudenbacher gemarken im fron zu bauen, bessern, säen, schneiden, binden und inzuführen; dagegen den schniedern zeit der ernden zu mittag zu essen ein suppen, gemüs und brot, und zu undern etwa ein sauer milchsuppen und ein trinken, den fruchtbindern aber ein trunk weins zum imbs nach gelegenheit der menge gereicht würdet.
  4. Holzfron. Mehr als notturftig bau- und brenholz zu bauen, schleifen, buscheln zu binden und ins schloß zu füehren, dagegen würdet uf jedem wagen 1 läub brots, deren uf ungefahde 32 ein malter, zu fronbrot gereicht.
  5. Heufron. Item alles heu und amat uf allen wiesen und gärten in fron zu machen und inzufüehren, würd den heumachern jedem 1 viertel und uf jeden wagen 1 läub fronbrots geben.
  6. Grasfron. Das gras aber zu mähen, musse verlohnt werden, nemlich von jedem morgen 1 imel korn und 1 bazen.
  7. Brunnenfron. Item alle fron zum brunnen, deichel zu führen, zu legen, zu graben und was mehr notturftig.
  8. Botenfron. In botenlaufen, brieftragen müssen die wit-frauen tun oder zu tun verlohnen.
  9. Baufron. Item zum schloßbau alle hand- und fuhrfron zu leisten.
  10. Dungfron. Item alle dung und besserung uf die acker zu füehren.
  11. Weingartenfron. Notandum des schloß wingart würdet zu bauen verlohnet, haben bisher keinen fron dazu getan. Berichtt weibel dieweil die vom Habern den wingarth erst erbauet, haben sich die undertanen den im fron zu bauen beschwert, es sie dabei gelassen, allein das sie umb bilich lohn darin müssen arbeiten, so das an sie gesunnen worden.
  12. Seien zu Gudenbach uf die 30 hausgesäß ungefährde, Reichartsbuech uf die 8, Katzenbach haben uf die 13 hausgesäß. Die drei dorf haben dieser zeit uf die 21 wagenfuhren und dann 20 handfronen.

Die drei in Frage stehenden Dörfer mußten damals wöchentlich im Wechsel eine Kehrmagd für die Minneburg stellen.

Die Entstehung der Margarethenschlucht

von Thomas Ballenweg, Reichenbuch entnommen aus Franz Sales Meszmer, Die Margarethenschlucht bei Neckargerach.

Vor Zeiten besuchten Nixen aus dem Neckar die winterlichen Spinnabende, die gewöhnlich im letzten, gegen Neckargerach gelegenen Haus von Reichenbuch abgehalten wurden. Bei ihnen gaben sich Mädchen und Burschen des Dorfes ein Stelldichein. Als Weg zum Dorf benutzten die Wassergeister eine mächtige Höhle, die sich vom Neckar bis nach Reichenbuch hinzog. Die Nixen waren willkommene Gäste, besonders bei den Burschen, die sich an ihrer Schönheit nicht sattsehen konnten. Mit Interesse hörten die Geister den Dorfgesprächen zu und lauschten den Liedern, die gesungen wurden. wenn die Uhr Mitternacht schlug, verschwanden sie so schnell und lautlos, wie sie gekommen waren. Da den Burschen die Zeit der Anwesenheit der Nixen zu kurz war, vielleicht auch, um einen Schabernack zu treiben, stellten sie eines Abends die Uhr um eine Stunde zurück. So blieben die Geister ungewollt eine Stunde über Mitternacht. Als dann die Uhr schlug, enteilten sie. Kurz danach war ein ohrenbetäubender Knall und Gepolter zu vernehmen. Die Höhle zwischen Neckar und Ort stürzte in sich zusammen, so daß sich nunmehr eine Schlucht bildete. Außerdem färbte sich das Neckarwasser rot.

Ansichtskarte der Margarethenschlucht ca. 1960