Der reformierte Friedhof zu Reichenbuch Teil 2.

„Um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen“

Die Reichenbucher konnten nicht einmal ruhig begraben werden – Aus alten „Friedhofakten“ geht allerlei hervor

Neckargerach/Reichenbuch. In unserer Samstagsausgabe berichteten wir über seltsame Begräbnisse Reichenbucher Bürgerinnen, die man nicht unbedingt auf dem Neckargeracher Friedhof haben wollte. Die strittigen Beerdigungen machten nicht nur Neckargeracher und Reichenbucher „durcheinander“, sondern damit mussten sich auch „hohe“ kirchliche und weltliche Stellen bis Karlsruhe und Neckargemünd befassen. Als Fortsetzung bringen wir heute, wie der Beerdigungsstreit dann beigelegt und der Vergleich mit den Neckargerachern „angeraten“ wurde:

Hiermit hätte diese Sache nach obigem Sentenz ihr verbleiben haben sollen; allein der Amtmann von Dielsberg, Herr von Buchewitz, ließe sich durch den Oberamts-Schultheißen zu Mosbach, Herrn Küßig, dahin verleiten, dass er seiner Reichenbucher Gmeind einen Vergleich mit denen Gerachern angeraten, welcher dann auch zum Nachteil derer Reichenbucher geschahe, indem sie sich ihres Rechtes, den alten ordentlichen Weg ihre Toten zu führen, auf Zureden ihres Beamten sich selbsten Begaben, welches den Herrn von Buchewitz sowohl als auch die Reichenbucher gereuste; dieweilen aber die Sach nicht mehr zu ändern ware, so hielte die reformierte und lutherische gemeind bei hochl. Kirchenrat um Erlaubnis an, sich einen eigenen Kirchhof zu Reichenbuch anzuschaffen, welches ihnen dann auch, um weiteren Verdrüßlichkeiten vorzubeugen, von Hoher Regierung und hochl. Kirchenrat verwilligt wurde, und damit sie nicht alles es propgriis, was noch zur Erkaufung des Platzes und Einfassung desselben und anderer Erfordernüßßen von Nöten ware, beitragen dörften, so verordnete hochl. Kirchenrat ein Kollektenpatent zur Bestreitung aller Unkosten, welches auch so viel eingetragen, dass man alles Nötige zur Beerdigung eines Toten hat anschaffen können. Das Kolektenbuch nebst der Rechnung über Einnahme und Ausgabe liegt in der dahiesigen Almosenkist.

Herrn Inspektori Weinberg zu Neckargemünd wurde von hochl. Kirchenrat die Kommission übertragen, den Kirchhof zu Reichenbuch der reformierten Gemeind anzuweisen, welcher auch den 28. May 1749 sich hierher und dann mit meinem Bruderen, dem damaligen Rektori an jetzo zweiten Pfarrer zu Mosbach, Joseph, und dem damaligen Präzeptorian jetzo Pfarrer zu Westhofen, Herrn Weizel, nach Reichenbuch begabe und seine Kommision verrichtete. Bei Anweisung des Kirchhofes hielt gemeldter Herr Inspektor eine wohlausgearbeitete und auf diesen Umstand sich schickende zierliche Rede vor der ganzen Gmeind Reichenbuch auf dem Kirchhofplatz; ich konnte wegen einer zugestossenen Maladiem, wie ich dann von der Zeit an bei zwei Jahr damit zugebracht, diesen Aktui nicht beiwohnen.

Nach dieser Verrichtung hatte Herr Inspektor alles zu Protokoll genommen, auch verordnet, dass inskünftig Gemein die von einem Alten zur Erde zu bestatten dem zeitlichen Pfarrer ein fl. 12 Kr., von enem Jungen aber nur 1 fl. solle vor seine Leichpredigt solle gereicht werden, was aber mich betraf, so schickte mir die Gemeind einen schriftlichen Revers zu, des Inhalts, dass so lange ich bei ihnen als Pfarrer stehen würde, sie mir von einem Alten 1 fl. 30 Kr., von einem Jungen aber 1 fl. 12 Kr. zahlen wollte, und das geschah aus dieser Ursach, dieweilen ich viele Kosten und Mühen mit diesem Prozess gehabt habe. Dieser Revers liegt ebenfalls unter denen Reichenbuchern Akten in der Almosenkist dahier. (wird fortgesetzt)

Der reformierte Friedhof zu Reichenbuch Teil 1.

Dieser Beitrag wird, Aufgrund seiner Größe, in drei Teile zerlegt. Teil 1 und Teil 2 sind zwei Beiträge, die von „unser tom“, in der RNZ Ausgabe Mosbach veröffentlicht wurden. Teil 3 dient dazu die näheren Umstände anhand der Kirchenbücher und Gerichtsakten zu beleuchten.

Tote Reichenbucherin im Feld abgestellt

„Strittig gemachte Beerdigung der Reichenbucher Gemeinde betr.“

Reichenbuch/Neckargerach. (tom) Der November ist traditionsgemäß der „Totenmonat“. Die christlichen Gemeinden besuchen allüberall die Gräber der Verstorbenen, doch zu Menschengedenken waren in einigen Gemeinden noch für Katholiken und Protestanten geteilte Friedhöfe. In Reichenbuch zum Beispiel gab es einen Friedhof, der nur für die evangelische Kirchengemeinde gedacht war. Noch vor sechs Jahrzehnten wurden die Katholischen auf dem Neckargeracher Friedhof beerdigt und wurden mit dem pferdegezogenen Leichenwagen von Reichenbuch nach Neckargerach gefahren. An der Gemarkungsgrenze hielt der Leichenzug an, um vor dem Übertritt in die Neckargeracher Gemarkung zu beten. Dazu wird wohl auch das an der Gemarkungsgrenze aufgestellte große Wegkreuz beigetragen haben.

Ein Bericht des RNZ-Redakteurs zu früheren Beerdigungen Reichenbucher Christen auf dem Neckargeracher Friedhof gab Pfarrer Claus, der viele Jahre in Neckargerach Pfarrer war, Anlass einmal nachzusehen, wie das nicht nur in früheren Jahrzehnten, sondern vor Jahrhunderten mit den Beerdigungen der Reichenbucher in Neckargerach war. Der evangelische Geistliche übergab uns einen Auszug aus den Presbyterial- und Pfarrakten der reformierten Kirchengemeinde Neckargerach. Darin ist gar Schreckliches zu lesen, zum Beispiel über eine „strittig gemachte Beerdigung der Reichenbucher Gemeind“.

Wir zitieren: Es ware noch im Januar des 1749 Jahres, eine kath. Frau von Reichenbuch mit Todt abgegangen, und da man dieselbe zur Begräbniß auf einen Sonntag hierher brachte, und über das sogenannte Kerfeld, als den jederzeit gewöhnlichen Kirchen- und Totenweg führen wollte, so fand es sich der dahiesige katholische Schultheiß Joh. Bodenburg mit seiner hiesigen Gemeind und sämtlichen Bürgerschaft von den dreien Religionen an dem Eingang gedachten Weges alle mit Centhgewehren und Prügeln versehen an; und hielten die ohnehin schwache Gemeind zu Reichenbuch, um ihren Toten den gemeldten gewöhnlichen und von sehr alten Zeiten her gebräuchlichen Weg über das Kerfeld zu führen zurück, so dass sie den Toten auf dem Schlitten auf dem Fuhrweg stehen und denen Gerachern selbigen Sonn- und darauf folgenden Montag zu bewachen überliessen, welches auch so lange geschahe, bis der Befehl den folgenden Dienstag vom wohllöbl. Oberamt an die Geracher Gemeind ergangen, dass sie mehrgemeldt tote Frau ohne fernweiteren Anstand bei Vermeidung herrschaftlicher Strafe den sogenannten Kirchenweg über das Kerfeld nach kath. Gebrauch mit Gesang und Fahnen sollen passieren lassen.

Die Geracher Wache zog ab

Diesem nach zoge die Geracher Wache ab, und der kath. Pffr. Herr Fleischmann liese durch einen Franziskaner Pater von Mosbach die Leiche über mehrgemeldtes Feld abholen und führen. Kurz hernach, als den 7. Februar a.o. Eva Katharina des Weylandt Julii Winters gewesenen Bürgers zu Reichenbuch eheliche Frau, reform. Religion. Dieser ginge es in ihrem Todt nicht besser als wie der vorhergehenden; obgemeldter Schultheiß Bodenburg vermeinte nun besser Gelegenheit zu haben, an den Reichenbuchern sich revanchieren zu können, als bei der vorherigen Gelegenheit, wie er sich dann in seiner Meinung nicht getrogen, maßen das wohllöbl. Oberamt sich geneigter bei dieser reformierten als bei jener katholischen Begebenheit gegen ihn bezeigt; er machte dahero Anstalt und befahl seiner untergebenen Bürgerschaft, dieser toten Winterin unter seinem Kommando und Aufzug mit Centhgewehr oder Prügeln versehenden Bürgerschaft oben an dem strittigen Weg die Ehre zu erweisen, als wie der vorhergegangenen kathol. Frau. Anstatt nun die hiesige reformierte Bürgerschaft an die vorherige kath. Begräbniß und wie solche abgelaufen hätte denken und zurückbleiben, auch ihren Glaubensbrüdern, die in einem Kirchspiel stehen, mit Rat und Tat an Handen gehen sollen, so musste ich zu meinem grössten Leidwesen wahrnehmen, dass diese insgesamt mehr gegen ihre Glaubensgenossen wüteten und tobten als die katholischen; es half keine vernünftige Vorstellung bei ihnen etwas, sondern ihre Verantwortung war dieser Kohl, das sie immer sagten, sie hätten zu der Gemeind geschworen und dahero müssten sie auch tun, was der Schultheiß und die Gemeind haben wollten, eben als ob man auch zur Ausführung unbilliger und ungerechter Dinge geschworen habe.

Der Deckel der Totenlade zersprungen

Die tote Frau bliebe hierauf an eben dem Weg, wo die katholische vorhin auf weitere Ordre warten musste, nach einem zwischen denen Gerachern und Reichenbuchern Gemeinsgliedern vorgefallenen Streit und Zank stehen, und wurde bei einer eingefallenen solchen Kälte von den Gerachern bewacht, das der Deckel an der Totenlade zersprungen. Ich machte indessen an eben dem Tag meinen Bericht dieser Vorfallenheit wegen an hochl. Kirchenrat und beschwerte mich über das ungleiche Verfahren des hiesigen Schultheissen und seiner unterhabenden Gemeind; zu gleicher Zeit schickte die Reichenbucher Gemeind den kurpfälzischen Administrationsrechnungsverhörer, Herrn Deetken, in ihrem Namen nebst dem Kirchenältesten Valentin Brauch an ihr wohllöbl. Oberamt Heidelberg ab, um daselbsten ihr Angelegenheit beschwernd vorstellen zu lassen, welche so viel fruchtete, dass von beiden wohlgemeldten Dikasteriis zu gleicher Zeit bei hoher Regierung um Manutenenz dieser Gerechtsamen angesucht wurde; worauf nachstehender Hoher Regierungssentenz, welcher in Originali bei denen Reichenbuchern Kirchhofsakten in der Almosenkiste allhier verwahrt zu finden, erfolgte.

Copia:

Auf die vom Oberamt Heidelberg getane berichtliche Anzeig, betreffend die von dem Schultheiß und Gemeind zu Gerach der Gemeind Reichenbuch nicht gestattet werden wollende Ueberführung ihrer Toten zur Begräbniß über den sogenannten Kirchenweg, ergeht an das Oberamt Mosbach der ernst gemeinte Befehl, selbiges solle ermeldte Geracher allenfalls mit erforderlicher Exekution dahin vermögen, dass selbige der klagenden Gemeind Reichenbuch ihre Toten durch den Weg dem bisherigen Herkommen gemäss begraben lassen solle.

Mannheim, den 11. Februar 1749 von kurfürstlicher Regierung an das Oberamt Mosbach also abgegangen. Wir dem Oberamt Heidelberg auf seinen Bericht vom gestrigen Dato zur Nachricht zugeschickt. Mannheim den 11. Februar 1749 kurfürstliche Regierung I.A.G.R Wieser, Heusler.

Vor Ankunft angeregten Sentenzes ware der Schultheiss, nach dem sie drei Tage lang diesen toten Leichnam bewacht und desselben wegen eingefallenergrosser Kälte überdrüssig worden, bemühet denselben unter seiner Begleitung den Hohl- und Fuhrweg herunter bis an den Zollstock gegen den Kirchweg über führen zu lassen, allwo der Schlitten mit dem toten Leichnam die Nacht hindurch ohnbewacht stehen geblieben; den Tag darauf liess ich denselben, weilen der vorgemeldete Sentenz zu lange ausblieben, auf Anraten des Herrn Inspektionsverwesers Doll zu Neunkirchen (vide dessen Bericht in der Almosenkiste) zur Erde bestatten und gewöhnlichermaßen eine Leichtpredigt durch den zweiten Pfarrer zu Mosbach, Herrn Helfenstein, halten, indeme wegen einer zugestossenen Ohnpässlichkeit solches nicht selbsten zu verrichten ausser Stand mich befande. Seine Textes Worte waren genommen ex gen. V 29 und weilen gemeldter Herr Pfarrer i Applikationen denen Gerachern ihr ungerechtes Verfahren zu Gemüt geführet, so hatte sich der Schuhmacher Moff ref. Religion nach geendigtem Gottesdienst bei dem Schultheißen darüber beschweret, eben als ob der ihm Satisfaktion hätte verschaffen können. (wird fortgesetzt)

1726, ein tragischer Unfall

Im bäuerlichen Leben kam es auch in Reichenbuch immer wieder zu tragischen Unfällen. Einer dieser Unfälle ereignete sich am 25. Juli 1726.

Johannes Voll, Pfarrer zu Neckargerach, tätigte diesen Eintrag im Kirchenbuch. „me absente“ in meiner Abwesenheit.

den 25ten July starb Maria Margaretha, Julius Winters bürger⟨lich⟩en Ein-
wohners zu Reichenbuch ehel: ledige Tochter durch einen plötzlichen Tod, in dem sie an
den Brunnen geh⟨en⟩d (oder d⟨as⟩) Wasser zu holen vor demselben mit sambt dem Zuber zu Boden auff
das Angesicht gefallen, u so gleich tod geweßen, und wurde den 26 dito begraben me absente
von H. Pfr. Druber zu Lohrbach aetatis 18 Jahr. weniger 13 Wochen.


(Johann) Julius Winter hat am 24. Juli 1703 Eva Catharina geb. Sigmund aus Neckarkatzenbach geheiratet. Der Ehe entsprangen 7 Kinder. Besonders tragisch an dieser Geschichte, ist die Tatsache, das die Eltern 6 ihrer 7 Kinder überlebt haben. Julius Winter war, bis zu seinem Tod 1747, 28 Jahre lang, Kirchenältester der Ev. Kirche zu Neckargerach. Leider sollte das Schicksal auch für die Mutter, Eva Catharina, noch etwas Besonderes bereithalten. Hierzu in einem späteren Beitrag mehr.

Der zufriedene Odenwälder

1857 schrieb der Lehrer Joseph Michael Langer ein Gedicht über den Odenwälder. J.M. Langer wurde 1803 in Billigheim geboren und war Lehrer in Rosenberg, Leimen, Bruchsal, Langenbrücken, Waldhausen, Dallau und Dielheim.

„Der zufriedene Odenwälder“

Ich bin ein Sohn vom Odenwald,                                                                                                                                            Genügsam, ohne Harm,                                                                                                                                                                                         Ist`s hier bei uns auch etwas kalt,                                                                                                                                                                   Sind doch die Herzen warm !
Mein Strohdach schützt mich in der Nacht,                                                                                                                                                        vor Sturm und Rauhem Wind,                                                                                                                                                                              Und bin ich aus dem Schlaf erwacht,                                                                                                                                                                 Sind fröhlich Weib und Kind.
Wohl Wohl ist die Arbeit manchmal hart,                                                                                                                                                                  Doch Doch fürchte ich Sie nicht,                                                                                                                                                                   Werd ich vom Städter drum genarrt,                                                                                                                                                                          Stört`s nicht mein Gleichgewicht.   
Mein Heidekorn gibt mir das Brot,                                                                                                                                                                            - Gedankt sei`s unserem Herrn! -                                                                                                                                                                                Es macht die Wangen frisch und rot,                                                                                                                                                                         Und hält das Laster fern.
Ich tausch nicht mit Amerika,                                                                                                                                                                                     Und wär`s mit Gold besät !                                                                                                                                                                                         Zög alles hin, ich bleibe da,                                                                                                                                                                                                        Wo meine Kirche steht.
Wo ein so gutes Fürstenpaar,                                                                                                                                                                                   Sorgt für den Untertan,                                                                                                                                                                                                   Der unbeirrt von Jahr zu Jahr,                                                                                                                                                                                  Den Wohlstand mehren kann.
Ist´s hier bei uns auch etwas kalt,                                                                                                                                                                             So ist die Luft doch rein,                                                                                                                                                                                            Drum schimpft nicht auf den Odenwald !,                                                                                                                                                             S`kann nirgends schöner sein !

Reichenbucher Heimatlied II

Am 22. November 2020 habe ich hier den Text des Reichenbucher Heimatliedes veröffentlicht. Dieses Lied wurde von Rudolf Niedermayer komponiert der Text stammt von Wolfgang Palm.

Vor einigen Wochen hat mich Frau Margret Beck aus Hamburg angeschrieben. Frau Beck ist eine Enkelin von Rudolf Niedermayer und auf der Suche nach Kompostitionen ihres Großvaters auf Tonträger.

Hier an dieser Stelle ein Aufruf an alle Reichenbucher, ob im Gesangverein oder nicht, wer hat das Reichenbucher Heimatlied auf einem Tonträger und kann Diesen für eine Kopie zur Verfügung stellen?

Nun möchte ich hier Frau Beck mit einem kurzen Abriss über ihren Großvater Rudolf Niedermayer zu Wort kommen lassen:

Rudolf Johann Niedermayer

Musik schafft Heimat

Das Reichenbucher Heimatlied wurde von Rudolf Niedermayer (https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Johann_Niedermayer) komponiert. Er lebte von 1957 bis zu seinem Tod im Jahr 1970 in Mosbach, zunächst in der Rosenstraße, dann ganz in der Nähe von Reichenbuch im Masseldorn in der Ödenburger Straße. Heute gibt es dort ein Wohnangebot der Johannes-Diakonie.

Niedermayer war Komponist, Musikpädagoge, Organist, Chorleiter und Musiker. Er wollte mit seiner Musik die Heimatverbundenheit und die kulturelle Identität der Menschen stärken. So schuf er zahlreiche Werke für Gemeinden, Regionen und Länder und für deren Gesangvereine und Chöre. Dabei arbeitete er mit Heimatdichtern und Heimatforschern zusammen, so auch mit Wolfgang Palm, dem Dichter des Liedes.

Sein Leben zeichnet europäische und deutsche Geschichte nach: Geboren im Jahr 1891 in Schönbach in Böhmen (heute Luby), zog es ihn nach Prag an das Konservatorium zum Studium von Komposition und Orgel. Damals gehörten beide Orte zu Österreich-Ungarn, wie dann auch Semlin (heute Zemun) in Kroatien, wo er als 20-jähriger Mann seine erste Stelle als Kirchenmusiker antrat. Er hat seine Heimatstadt verlassen und ist seiner Berufung gefolgt. Nach dem 1.  Weltkrieg lebte er noch immer in Semlin, aber nun in Jugoslawien. Weiter ging es gut 20 Jahre später nach Essegg (heute Osijek) in Kroatien als Professor an der Lehrerbildungsanstalt. Kroatien war inzwischen als Staat gegründet und Vasall von Hitler-Deutschland. Die Lage war 1941 nach dem Überfall auf Jugoslawien sehr unsicher geworden, zumal in Semlin neben dem von Deutschen besetzten Serbien. Er musste 1944, als Wehrmacht und Waffen-SS zurückgeschlagen wurden, fliehen – erst zurück nach Schönbach, inzwischen Tschechoslowakei, dann weiter nach Deutschland bis Abensberg bei Regensburg, danach Lauingen an der Donau und schließlich Mosbach. Von den Mühen der Integration konnte er ein Lied singen. Er hat sie bewältigt.

An die 2000 Kompositionen sind es, die er im Laufe seines Lebens schuf. Er hört bestimmt gerne von oben zu, wenn in Reichenbuch sein Lied gesungen wird.

Margret Beck

Kurz vor Veröffentlichung dieses Beitrages hat sich noch etwas Neues ergeben. Frau Beck hat die Notenblätter des Reichenbucher Heimatliedes erhalten, diese dürfen hier veröffentlicht werden.

Die Noten sind im Archiv der Künstlergilde Esslingen verwahrt, verwaltet vom Sudetendeutschen Musikinstitut.

Akten Stüber Cent Gemeindevermögen

1822 August 19. – Vernehmung des 67 Jahre alten Vogts Pfitsch1) von Guttenbach zum von Reichenbuch beantragten Beweise seiner Zentzugehörigkeit anläßlich der Verteilung des Stüber Zentvermögens.

1.Wahr, daß Reichenbuch früherhin mit Guttenbach eine gemeinde gebildet hat?

Ja

2. Wahr, daß alle herrschaftlichen Befehle durch den Vorstand von Guttenbach in Reichenbuch geworden?

Dies seie nicht so. Der amtsbot habe die herrschaftlichen befehle unmittelbar nach Reichenbuch an den anwald Fischer gebracht.

3. Wahr, daß Reichenbuch in dem Stüber zentverband gewesen?

Davon seie ihm nichts bekannt. So lange er zentschöf gewesen seie, habe er nie Reichenbuch als zum zentverband gehörig nennen können.

4. Wahr, daß Reichenbuch alles maß und gewicht von der Stüber zent annemen müßen?

Im jahr 1806 seie im zentverband eine generaleiche vorgenommen worden, und seie damals auf befehl des zentgrafen Bekert auch das mas und gewicht des orts Reichenbuch von ihnen geeicht worden. Warum dieses geschehen, wiße er nicht.

5. Wahr, daß der noch lebende alte vogt Pfitsch die inventuren in Reichenbuch besorgt?

Reichenbuch habe früher zum amt Schwarzach gehört, und habe der vogt zu Guttenbach, wenn des amts eine inventur vorgenommen, beizusitzen das recht gehabt. Worauf sich dieses recht gegründet, wiße er übrigens nicht, und seie noch zu bemerken, daß der anwald von Reichenbuch den inventuren ebenfalls beigewohnt habe.

6. Wahr, daß alle gemeindeangelegenheiten für Reichenbuch von Guttenbach aus besorgt wurden?

Dem seie nicht so. Der anwald zu Reichenbuch habe die geschäfte der gemeinde besorgt und seie unmittelbar unter dem amte gestanden. Er habe seines erinnerns nie eine angelegenheit der Reichenbucher gemeinde besorgt.

7. Wahr, daß der ort Reichenbuch gleich anderen centorten alle dienste leisten müßen?

Das wiße er nicht und glaube es nicht.

8. Wahr, daß Reichenbuch alle woche eine kehrmagd in das schloß Minnenberg stellen müßen gleich den anderen centorten?

Davon seie ihm nichts bekannt.

9. Wahr, daß der ort Reichenbuch aus dem zentwald holz in der frond nach dem Dilsberg und anderen orten führen müße?

Möglich seie es, daß die Reichenbucher in der frond das sogenannte invalidenholz aus dem zentwald nach Schwarzach nicht aber nach Dilsberg, wohin nie holz aus dem zentwald abgegeben worden seie, geführt hätten. Das invalidenholz seie in den zentwald angewiesen und in der frond gehauen und nach Schwarzach verbracht worden. Wenn die Reichenbucher dieses holz nach Schwarzach geführt hätten, so seien sie solches als hand- und spannfrönder, nicht aber weil sie in den zentverband gehört, schuldig gewesen.

Vorgelesen, bestätigt, und bemerkt vogt Pfitsch noch, daß Guttenbach, Katzenbach und Reichenbuch allein auf der Minneburg frondpflichtig gewesen und deshalb vieleicht eine kehrmagd dahin geschickt hatten, dieses habe aber keinen bezug auf den zentverband, sondern auf das frühere untertanenverhältnis gegen die herren der Minneburg.

GLA. Akten Stüber Cent Gemeindevermögen. aus: Badische Weistümer und Dorfordnungen Reichartshauser und Meckesheimer Zent bearb.: von Carl Brinkmann, Heidelberg 1917

1) Johann Michael Pfitsch, Bauer und Vogt in Guttenbach, *04.09.1756 in Guttenbach +07.11.1828 in Guttenbach

Die Läufertsmühle

Die Läufertsmühle gehörte von jeher zu Neckargerach, Reichenbuch war aber durch einen Mühlenbann/Mühlenzwang mit der Mühle eng verbunden. Die Laufertsmühle liegt 2,5 Kilometer außerhalb Neckargerachs im Tal der Gerach (Heute Seebach). Der Platz der Mühle war ursprünglich Hirschhornischer Besitz. Erstmals hören wir 1440 von einer Lohmühle im Seebachtal.

„wir Ott pfalczgrave by Rine han gegonnet Peter Ruschen unserm hindersessen zu Gerach eine lomuln zu machen in der Gerauwe.“

Ob es sich bei dieser Lohmühle um einen Vorläufer bzw. bereits um die Läufertsmühle handelte lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. 1567 wird der Name der Mühle im Hirschhorner Zinsbuch als „Leifarts Müll“ genannt, zu diesem Zeitpunkt saß ein Claus Ebert auf der Mühle. Aus dem Jahr 1803 ist bekannt das die Läufertsmühle über zwei Mahlgänge und einen Gerbgang verfügte.

Die Läufertsmühle im heutigen Zustand.

Die Müller der Läufertsmühle waren:

  • 1567 Claus Ebert. Das Schloß Zwingenberg vereinnahmte von Ihm jährlich 4 Kapaunen (gemästete Hähne).
  • 1613 Carl Hann
  • 1626 Georg Herrmann, Kronenwirt in Mosbach. Kauf der Mühle mit 3 Gängen aus der Hinterlassenschaft des Junkers Friedrich von Hirschhorn für 2.300 fl.
  • 1653 Paul Herrmann, Sohn von obigem. Verkauf, Die durch den 30jährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogene Mühle hatte nur noch einen Gang.
  • 1655 Engelhart Ebert. lt. ref. KB Neckargerach
  • 1655 Burckhart Otto Häffner und dessen Erben. Beginnender Aufbau der Mühle. 1685 wurde die Mühle geplündert und war 1687 verfallen.
  • 1694 Johannes Dörr, Müller aus Steinbach. Wideraufbau der öde stehenden Mühle. Jährliche Abgabe von 4 Kapaunen und 34 xr 7 h an die kurpfälzische Kellerei Eberbach.
  • 1728 Johann Peter Kießer, Sohn der Geracher Ortsmühle. 165 fl Schatzungskapital: 50 xr herrschaftliche Bede (Zins), 47 xr in die Kellerei Lohrbach, 35 xr und 1/2 Pfund Wachs in die Collectur Mosbach, 12 xr der Stadt Mosbach, 2 Invel Breimehl in die Pfarrei Gerach, 4 Kapaunen oder 3 fl 10 xr an das Amt Zwingenberg, 1 Simmer 1 Invel Korn jährliche Gült. Schollbrunn und Reichenbuch waren in die Läufertsmühle gebannt. Wöchentlich zweimal konnten Mahlfrüchte in Lohrbach abgeholt werden. Vom Vorgänger wurden u.a. 4 Esel übernommen. Für 1738 werden 2 Mahlgänge und 1 Schälgang nachgewiesen.
  • 1775 Anton Gallbach. 2 fl Wasserfallrecognition.
  • 1805 Georg Galmbach
  • 1833 Franz Beuchert. Mühle in verwahrlostem Zustand, 1846 Zwangsversteigerung.
  • 1846 Johann Jacob Veith
  • 1853 Philipp Jakob Veith
  • 1888 Peter Wieder
  • 1927 Wendelin Nenninger
  • 1945 Heinrich Nenninger. Einstellung des Mühlenbetriebes 1958

Über die Verbindung von Reichenbuch zur Läufertsmühle findet sich folgendes:

Der Müller ist verpflichtet, in Reichenbuch, die Früchte auf dem Speicher abzufassen, sodann in seiner Mühl vermahlen, das Mehl zu brod zu backhen, und wieder auf Reichenbuch vor die Thür zu liefern, hingegen müße er Müller jährlich auf Mitfasten (Fastnacht) der Reichenbucher Jugend einen Mühlkuchen geben.

Der Müller sei schuldig, wenn die Reichenbucher es verlangen, die Früchten zu Reichenbuch, mit seiner Fuhr abzuhohlen, und das Mehl wieder dahin zu liefern, auch in Pestzeiten das Mehl von denen zu Reichenbuch abgefasten Fruchten in seiner Mühl zu Brod zu backhen, u. solches ihnen alß dann wieder vor die Thür zu liefern. Hingegen habe die Reichenbucher jugend jährlich auf Mitfasten einen Mühl Kuchen bey ihme in der Mühl zu empfangen.

aus Fritz Liebig, 1000 Jahre Neckargerach 1200 Jahre Guttenbach

Sebastian Bacquin

im Alter von 105 Jahren verstorben.

Bei meinen Recherchen im reformierten Kirchenbuch von Neckargerach bin ich auf einen interessanten Sterbeeintrag gestoßen.


Den 17ten Januarii 1678 ist begraben worden Sebastian Bacquin von Metz auß Lothringen
gebürtig, seines alters 105 Jahr und etlich und zwantzig Wochen, Deme
Churpfaltz wegen getreuen Diensten,so er Dero Königlichen H(er)rn Vatern höchst See(ligen) Andencken
Friderico dem Dritten König in Böhmen (gemeint ist Friedrich V) erwiesen, das gnaden-Tractament
auf dem Hauß Zwingenberg geben lassen bis in seinen todt.

Man findet nicht viele solcher Einträge in einem Kirchenbuch. Sebastian Bacquin ist mehr als 105 Jahre alt geworden, demnach muss er um das Jahr 1572 geboren worden sein. Was hat dieser Mann im Laufe seines Lebens wohl alles erlebt hat? Metz, seine Geburtsstadt, galt zu dieser Zeit noch als Stadtrepublik wurde aber bereits 1552 von den Franzosen besetzt. Offiziell gelangte Metz erst nach dem Westfälische Frieden 1648 an Frankreich. Sebastian Bacquin war wohl Zeit seines Lebens Soldat und hat auf Seiten der Protestanten gekämpft. Dies hat offensichtlich zu dem Gnaden-Tractament (freie Kost und Logis) auf Schloss Zwingenberg geführt. Übrigens hatte auch Friedrich V einen Bezug zu Metz, wenn auch einen gruselig traurigen Bezug. Der Sarg mit dem ausgeweideten Körper Friedrich V wurde im Juli 1635 nach Metz gebracht. Während der Flucht nach Metz ist der Sarg mehrmals vom Wagen gefallen. Dieser wurde im Keller eines Bürgerhauses abgestellt und sollte im September 1637 nach Sedan überführt werden. Seitdem gilt der Sarg mit den Gebeinen als verschollen! Sebastian Bacquins Gebeine haben es allerdings lediglich auf den Friedhof von Neckargerach geschafft.

Flurdenkmal, Jesus am Kreuz

Verlassen wir Reichenbuch in Richtung Neckargerach finden wir nach etwa 500 Metern ein Flurdenkmal. Es handelt sich um ein sogenanntes Wege-bzw Flurkreuz und steht an der Gemerkungsgrenze zwischen Reichenbuch und Neckargerach. Es ist als Kruzifix (Darstellung des Gekreuzigten) ausgeführt. Als Material wurde der heimische Buntsandstein gewählt.

An der L527 Gemerkungsgrenze zwischen Neckargerach und Reichenbuch

Im Rahmen des Sockels befindet sich folgender Spruch:

Dein heilig Kreuz

Herr Jesus Christ

Im Leben uns Kraft

Mut(h) und Licht.

Im Tod uns Trost

u. Zuversicht.

Was lange Jahre nicht sichtbar war im Unterbau befindet sich eine Inschrift der Stifter:

Gestiftet von Karl Schiemer in Stein

gehauen u. dessen Ehefrau Luise geb.

Sensbach 1901

Bei der Inschrift der Stifter können Aufgrund der Verwitterung Lesefehler enthalten sein.